In der Ausgabe 10/08 der Zeitschrift Tischtennis ist zu lesen, dass durch das Frischklebeverbot „eine neue Zeitrechnung begonnen hat“ und „der Start in die Ära ohne Frischkleben, Tunen und Boostern reibungslos verlaufen ist“. Doch ist dem wirklich so? Die Verbände sind der Auffassung, dass die große Mehrheit aller aktiven Tischtennissportler sich an die neuen Bestimmungen hält.
Doch die Realität sieht wohl anders aus. Im Spitzensport wird jetzt wohl nicht mehr frischgeklebt. Dafür finden wohl Tuner und Booster Anwendung. So schätzt Jörg Roßkopf (Honorartrainer des DTTB und ehemaliger Weltklassespieler), dass ca. 60 bis 70 Prozent der Bundesligaprofis ihren Tischtennisschläger tunen. Und Werner Schlager (Weltmeister aus dem Jahr 2003) meint, dass dies doch eher 80 bis 90 Prozent der Profis tun. Die meisten Spitzenspieler manipulieren und keiner wagt damit aufzuhören, da er ja dann seine Spiele verlieren könnte und damit sein Arbeitsplatz gefährdet ist.
Auch die Kontrolle mit dem von der ITTF anerkannten enez-Testgerät hält aktuell niemanden auf, Manipulation zu betreiben. Denn was passiert, wenn man zufällig getestet und erwischt wird? Man zieht seinen sauberen Schläger aus der Tasche und darf sein Spiel bestreiten. Auch wenn die ITTF zusammen mit der enez-Firma an einer verfeinerten Messtechnik arbeitet, so sind die Sportler wie im Doping anderer Sportarten meist einen Schritt voraus.
Die o.g. Zahlen bei den Profis sind alarmierend für unseren Sport. Denn wenn die Vorbilder ihre Schläger manipulieren, warum sollten dies dann die Amateure nicht auch können? Als Indiz für die weitere Manipulation von Tischtennisschlägern ist wohl auch die Tatsache, dass von den Tischtennishändlern in der Mehrzahl Beläge mit 2,0 oder 2,1 Millimeter Schwammstärke zur neuen Saison verkauft wurden. Denn Spieler, die dem Frischkleben „verfallen“ waren, hätten ja eigentlich auf die maximale Schwammstärke ausweichen müssen, um den Nachteil des Frischklebeverbots auszugleichen.
Es ist fadenscheinig anzunehmen, dass Frischkleber, Tuner und Booster irgendwann auslaufen, da sie ja nicht mehr hergestellt werden. Denn solange es Fahrräder gibt, wird es weiterhin einen Kleber für die Schläuche geben. Und mit Grillanzünder und Lampenöl (Paraffin) lässt sich mit niedrigem Gasdruck (aktuell mit dem enez-Testgerät nicht nachweisbar) bestens tunen. Und auch hier werden die Bezugsquellen wohl dauerhaft bestehen bleiben. Und der große Clou für die Sportler: Für 2 € erhält man einen Liter Grillanzünder, der „ewig“ hält und schlägt der Tischtennisherstellern ein Schnippchen.
Aus meiner Sicht ist das Frischklebeverbot eine richtige Überlegung, die wichtig für einen sauberen Tischtennissport ist. Nur die Umsetzung und Einhaltung ist aktuell nicht gewährleistet. Denn solange man auf Kreis- und Bezirksebene keine Kontrollen zu fürchten hat, so wird munter weiter manipuliert.
Am einfachsten wäre es, wenn es Beläge gäbe, die sich auflösen, zersetzen oder sich farblich verändern, wenn manipuliert wird. Daran müssten auch die Hersteller ein Interesse haben, da dann anfangs der Absatz sprunghaft steigen würde.
Nur wenn nicht schnell eine Lösung gefunden wird, so steht unsere Sportart am Scheideweg! Quo vadis Tischtennis?